Unsere Leitfiguren und ihre Ansätze

Unsere Leitfiguren

 

Unser pädagogisches Handeln orientiert sich an den vier Werten von Jesper Juul,  den Erkenntnissen aus der Hirnforschung von Gerald Hüther und Loris Malaguzzi, dem Mitbegründer der Reggio-Pädagogik.

 

Die vier Werte von Jesper Juul

Laut Jesper Juul bilden die folgenden vier Werte die Säulen einer Beziehung für eine gute Entwicklung zwischen Kindern und Erziehern/Eltern:
Gleichwürdigkeit
Integrität
Authentizität
Verantwortung

„Gleichwürdigkeit
… oder das gelungene Zusammenspiel von Erziehern und Kindern auf gleicher Ebene.“

(Jesper Juul, 4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen, 2014)

Für uns bedeutet die Gleichwürdigkeit in der Beziehung zu unseren Kita-Kindern: Verständnis für sie zu haben und das alle Menschen von gleichem Wert sind, egal in welchem Alter sie sind oder welcher Nationalität sie angehören. Die Kinder so zu akzeptieren wie sie sind und ihre Würde und Integrität zu respektieren.

Die Gleichwürdigkeit bedeutet nicht Gleichheit. Auch wenn wir den Kindern gegenüber gleichwürdig sind, so sind wir nicht gleich, denn wir tragen die Verantwortung für das Wohlergehen der Kinder.

Wir wollen den Kindern auf Augenhöhe begegnen und sie nicht als unmündiges Kind behandeln, sondern als einen vollwertigen Menschen ansehen.
Jedes Kind soll um seiner selbst willen geliebt werden und nicht, weil es etwas Bestimmtes tut oder sein lässt.

Jedes Kind ist etwas Besonderes, etwas einmaliges, weil es ist wie es ist.

 

„Authentizität
… oder die Fähigkeit, die Person zu sein, die man wirklich ist, um auch andere in ihrer Einmaligkeit wahrnehmen zu können.“

(Jesper Juul, 4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen, 2014)

Echt und wahrhaftig zu sein heißt, dem Kind eine echte, persönliche Rückmeldung für sein Handeln zugeben, indem man sagt: „Das gefällt mir!“, „Das gefällt mir nicht!“, „Das mag ich!“ oder „Das mag ich nicht!“ Unser Handeln sollte authentisch sein, dann fühlt sich das für uns selbst und für die Kinder ganz anders an, als wenn wir Rollen spielen, z. B. die verständnisvolle oder konsequente Erzieherin, obwohl wir vielleicht keine Lust haben oder genervt sind. Es ist wichtig, dass wir so sind, wie wir sind.

Wir müssen unsere eigene Persönlichkeit vertreten und den Kindern jeden Tag mit Liebe und Wohlwollen entgegentreten, die Kinder entdecken und akzeptieren.

Wir können aus unseren positiven und negativen Gefühlen und Fehlern lernen.

 

„Integrität
… heißt, zu sich selbst Ja sagen – und auch mal Nein zu Wünschen anderer.“

(Jesper Juul, 4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen, 2014)

Wenn man seine eigene Persönlichkeit akzeptieren kann, so stimmen unser Leben und unsere Werte überein.

Ich sage: „Nein“, wenn ich es meine und ich sage: “Ja“, wenn ich es möchte und nicht, wenn andere es von mir erwarten.

Integrität im Kindergarten bedeutet, dass die psychische und physische Unversehrtheit aller Kitamitglieder gewahrt wird. Dies liegt nicht nur im Interesse der Schwächeren, sondern im Interesse aller, da eine Gruppe nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied.
Das Verhalten der Kinder ist ihr persönlicher Ausdruck dafür, wie es ihnen mit sich selbst geht, wie sie in ihrer Familie, im Kindergarten zu Recht kommen.

Eine gute Beziehung zueinander, hat nichts damit zu tun, beliebt zu sein.

Ein „Nein“ zu akzeptieren bedeutet: ich akzeptiere die Grenzen.

Widerworte stärken das Kind, denn es kommt zur Reibung und das Streiten wird geübt.

–    Verletzungen der Integrität des Kindes:
Körperliche und geistige Gewalt:
Schelte und Schimpfen
Zuführen von Schuld und Scham

 

„Verantwortung
…. müssen immer die Erwachsenen für die Qualität der Beziehung zu ihren Kindern übernehmen.“

(Jesper Juul, 4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen, 2014)

Verantwortung beginnt bei jedem selbst, das bedeutet die persönliche Verantwortung für unser eigenes Leben zu übernehmen, für unser Handeln und für unsere Werte. Wir die Erzieher/innen tragen die Verantwortung für die Qualität unserer Beziehung zu den Kindern.

Das bedeutet: Nicht das Kind, das sich partout nicht so verhalten will, wie wir uns das vorstellen, ist verantwortlich für eine schwierige Atmosphäre im Kindergarten, sondern ausschließlich die Erwachsen.

Unserer Einstellung nach brauchen Kinder: Vertrauen, Empathie, das Interesse der Bezugspersonen, die bedingungslose Liebe, Widerstand und Anerkennung

 

Gerald Hüther – Ohne Gefühl geht gar nichts!

Angelehnt an Gerald Hüther (Neurobiologe) glauben wir, dass man sich nur gut entwickeln kann, wenn eine freundliche und liebevolle Bindung zwischen Erziehern/innen (Eltern) und Kindern besteht mit Geborgenheit, Humor und ohne Leistungsdruck.

Alle Kinder kommen mit einer unglaublichen Lust am eigenen Entdecken und Gestalten zur Welt. Nie wieder ist ein Kind so neugierig, so entdeckungsfreudig und so begeistert, das Leben kennenzulernen, wie am Anfang seines Lebens. Seine Begeisterungsfähigkeit, seine enorme Lernlust und seine Offenheit sind der große Schatz den Kinder in sich tragen. Diesen Schatz müssen wir bewahren und hegen. Wir müssen den Kindern Zeit geben, ihnen Erfahrungs- und Gestaltungsräume schaffen, in denen sie ihre intrinsische (von innen her, aus eigener Kraft) Motivation entfalten können. Räume, wo sie ihre Lust am Lernen und Gestalten weiterentwickeln und stärken, wo sie zu verantwortungsbewussten und teamfähigen Persönlichkeiten heranreifen können.

Wir haben die Verantwortung für die Entwicklung der Kinder und müssen darauf achten, dass wir den Kindern diesen Schatz wahren.

Um die Qualität von Bildungsangeboten zu erhöhen, sind folgende „hirngerechte“ Voraussetzungen für eine gelungene Bildung elementar.
Bildungsangebote unterstützen die Entwicklung von Kindern, wenn…

  •  sie „Sinn machen“, d. h. bedeutsam und wichtig für das betreffende Kind sind..
  •  sie als eigene Erfahrung am ganzen Körper, mit allen Sinnen und unter emotionaler Beteiligung erfahren werden; wenn sie also „unter die Haut“ gehen.
  • die so gewonnen Erfahrungen, Einsichten, Kenntnisse und Fähigkeiten sich im praktischen Lebensvollzug als nützlich und vorteilhaft, d. h. praktisch anwendbar erweisen.

(Auszug/Vortrag: Gerald Hüther, Ohne Gefühl geht gar nichts, Juni 2009, Freiburg)
Kinder brauchen Aufgaben, an denen sie wachsen können und Herausforderungen, die sie zu bewältigen lernen. Sie brauchen Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, sich diesen Aufgaben zu stellen und diese Herausforderungen anzunehmen.

 

Loris Malaguzzi – Hundert Sprachen hat das Kind

Pädagogik entsteht aus einer Beziehung voll Liebe und im Miteinanderm mit anderen, so wie sie sind.

Loris Malaguzzi

Loris Malaguzzi sah sich als „Provokateur in Sachen Kindheit“. Ein Mitbegründer der Reggio-Pädagogik, der ein neues Bild vom Kind aufbrachte. Seine Idee beschrieb er wie folgt: „Wir assistieren den Kindern, wir erziehen sie nicht! Jedes Kind hat die Fähigkeit sich selbst zu bilden, die Erwachsenen helfen lediglich, sie haben die Fähigkeit zu entdecken und zu erschließen.“ Er wendet sich gegen ein Bild vom Kind, das Defizite festschreibt, um sie dann mit gezielten Förderprogrammen auszugleichen. Jedes Kind ist ein aktiver und kreativer Gestalter seiner Entwicklung.
Den Kindern mit Achtung zu begegnen, ihnen ein Recht auf Bildung und Erziehung einzuräumen, unabhängig von körperlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen.

In seinem Gedicht „Die hundert Sprachen des Kindes“ spricht er bildlich über die Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder. Kinder kommunizieren mit den Händen, dem Körper und verschiedenen Gegenständen, dafür benötigen sie unterschiedliche Werkzeuge und Materialien, symbolischen Strukturen, Musik und Bewegung. Von diesen hundert Sprachen werden im von der Schule und Gesellschaft neunundneunzig genommen, alle bis auf die verbale Sprache. Dies hat er sehr anschaulich in einem Gedicht ausgedrückt.

 

Die hundert Sprachen des Kindes

Die hundert Sprachen des Kindes
Die hundert gibt es doch.
Das Kind besteht aus hundert Sprachen
hundert Händen
hundert Gedanken
hundert Weisen
zu denken, zu spielen und zu sprechen.

Hundert
immer wieder hundert Arten
zu hören, zu staunen und zu lieben.
Hundert heitere Arten
zu singen, zu begreifen
hundert Welten zu entdecken
hundert Welten frei zu erfinden
hundert Welten zu träumen.
Das Kind hat hundert Sprachen.
Und hundert und hundert und hundert.

Neunundneunzig davon aber
werden ihm gestohlen,
weil Schule und Kultur
ihm den Kopf vom Körper trennen.
Sie sagen ihm:
ohne Hände zu denken,
ohne Kopf zu schaffen
zuzuhören und nicht zu sprechen.
Ohne Heiterkeit zu verstehen,
zu lieben und zu staunen
nur zu Ostern und Weihnachten.

Sie sagen ihm:
Spiel und Arbeit
Wirklichkeit und Fantasie
Wissenschaft und Imagination
Himmel und Erde
Vernunft und Träume
seien Dinge, die nicht zusammenpassen.
Sie sagen ihm kurz und bündig,
dass es keine hundert gäbe.

Das Kind aber sagt:
Und ob es die hundert gibt.